Virtual Fencing von Wildtieren aus biologischer Sicht

Handlungsfelder

  • Verbesserung der Beratung in der Bestandsbetreuung
  • Verbesserung des Wohlbefindens des Tieres, des Gesundheits- und Hygienestatus von Betrieben

Aktualisierung zur Buchversion (Stand 03.02.2022)

In einem Auswilderungsprogramm im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge wurden Europäische Bisons (Bison bonasus) im Jahr 2013 ausgewildert und bewegen sich seitdem ohne Einzäunung entlang des Rothaargebirges. Durch fehlende eingrenzende Habitatstrukturen ist das Herdenmanagement der Tiere erschwert. Zusätzlich tragen die Europäischen Bisons durch Entrindung zu Forstschäden bei (Schröder et al., 2019) und stellen eine Gefahr für den Autoverkehr dar (Sauerlandkurier, 2019). Das Virtual Fencing™ von Nutz- und Wildtieren als Alternative zu konventionellen Zäunen bietet die Möglichkeit, dass Herdenmanagement von freilebenden Tieren zu verbessern und das Bewegungsmuster nachzuvollziehen (Umstatter et al., 2013). Darüber hinaus fällt die manuelle Arbeit der Versetzung und des Neuaufbaus von Zäunen weg und schafft somit vor allem für Hochlagen, steiniges Gebirge und unebene Weideflächen eine Arbeitserleichterung (Anderson et al., 2001). Eine Erweiterung ist das Directional Virtual Fencing™, wobei die Bewegungsrichtung der Tiere durch die Programmierung unterschiedlicher Stimuli auf beiden Seiten gesteuert werden kann.

Das Ziel des Projekts im Rahmen einer Pilotstudie der Universität Bonn und der Westfälische Hochschule Bocholt war die Möglichkeit für den Einsatz von Virtual Fencing™ für Wildtiere nach heutigem Stand der Technik auf ihre Eignung hin zu untersuchen (Proof of Concept). Es wurden vier Stimuli getestet, darunter Ton, Ultraschall, Vibration und Luftstoß. Aus Tierwohlgründen wurde auf die Verwendung eines Elektroschocks verzichtet. Die Fragestellung war, ob sich die Tiere mit der Methode des Directional Virtual Fencing™ vom Betreten eines Bereiches ablenken lassen oder der zeitliche Aufenthalt in diesem Bereich reduziert werden kann. Dazu wurden Deutsche Holstein auf dem Campus Frankenforst und Javanesische Banteng im Kölner Zoo beobachtet. Das Gehege in dieser Studie wurde an beiden Standorten in sieben Zonen mit virtuellen Grenzen unterteilt. Dabei wurde Zone eins als Fokuszone definiert. Bei Erreichen der Grenze zur Fokuszone wurde ein Stimulus abgegeben. Ein weiterer erfolgte bei Weitergehen und Übertreten des Tieres in die Fokuszone. Alle Stimuli wurden zudem in unterschiedlicher Intensität getestet. Zusätzlich wurden Verhaltensbeobachtungen durchgeführt. Diese sollten Aufschluss darüber geben, ob der Stimulus oder die Stimulusstärke das Wohlbefinden der Tiere negativ beeinflussen. Zudem sollte je nach Eintrittswinkel die Bewegungsrichtung durch einen gezielten Stimulus auf der rechten, linken oder auf beiden Seiten beeinflusst werden.

Die Deutschen Holstein Färsen und die Banteng Kühe hielten sich mit fortschreitender Wochenzahl signifikant häufiger in der Fokuszone auf. Beide Tierarten zeigten eine Reaktion auf die Stimulusmodi fast ausschließlich beim Stimulusmodus Luftstoß. Eine stressige Situation stellte die Stimulusauslösung insgesamt jedoch nicht dar, da die Kühe sich weder in der Ausführung des Komfortverhaltens, noch in der Futteraufnahme beeinflussen ließen. Ebenso wurde das Ruheverhalten nicht negativ beeinflusst, da keine Anzeichen von Unruhe erkennbar waren. Beide Rassen haben sich durch die Stimuligabe vermehrt in ihrer Bewegungsrichtung ablenken lassen.

Zukünftige Forschung könnte an diesen Ergebnissen anknüpfen und die Zielsetzung von Directional Virtual Fencing™ mit einer Anpassung der Stimuli an die Tiere vertiefen.

 

Bearbeitungszeitraum

01.12.2019 – 30.06.2021

Forschungsnetzwerk NRW-Agrar