Abgangsursachen von Milchkühen

Handlungsfelder

  • Verbesserung der Beratung in der Bestandsbetreuung
  • Konzeptvorschläge zur Erfassung von Tierwohl-Indikatoren

Aktualisierung zur Buchversion (Stand 15.02.2022)

Die Begründungen für die Merzung von Milchkühen können vielfältig sein. Sie werden regelmäßig durch die Milchkontrollverbände nach einem vorgegebenen Schema erfasst und sollen als Instrument zur Verbesserung der Tiergesundheit genutzt werden. Vergleiche der Abgangsursachen über einen längeren Zeitraum zeigen jedoch, dass sich die Abgangsursachen wenig geändert haben (Jahresberichte LKV NRW 2016, Jahresberichte vit 2017 bis 2020). Dabei ist ein hoher Anteil von 15 bis 20 % unter „sonstige Gründe“ zusammengefasst und damit nicht näher beleuchtet.

Um zu überprüfen, auf welcher Grundlage Landwirte tatsächlich die Entscheidung zur Merzung treffen, wurden 42 Betriebe, die zufällig aus der Ausbildungsliste der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen ausgewählt wurden, mittels eines Fragebogens befragt. Die Rücklaufquote betrug 75%. Insgesamt konnten die Abgangsgründe für 593 Milchkühe ausgewertet werden. Gefragt wurde dabei nach dem Hauptabgangsgründen und eventuellen Nebengründen, die die Merzung zusätzlich unterstützt haben.

 

Tabelle: Gründe für die Merzung von Kühen nach Angaben der Betriebsleitungen im Vergleich zum Eintrag in die Liste des LKV

Abgangsursache Hauptgrund Nebengrund vit*
Verkauf zur Zucht 33,2 14,9
Unfruchtbarkeit 11,8 3,7 18,5
„Färsendruck“ gute Färse aufgestallt 11,3 20,2
Mastitis / hohe Zellzahlen 8,4 9,1 13,0
schlechte Zuchtmerkmale 6,7 6,4
Milchleistung 6,3 17,2 6,1
verendet / eingeschläfert 5,0
Fundament 4,6 8,6 13,9
Euter / Melkbarkeit 4,2 16,0 2,8
passt nicht zum Melksystem 2,9
aggressiv gegen Menschen / in der Herde 2,1 3,7
Stoffwechselstörung / Erkrankung 1,6 7,1 12,2
Schwergeburt /Totgeburt /Abort 1,2 2,8
Fremdkörper 0,4
Alter 0,3 1,0 1,6
kein Nebengrund 4,2
sonstiges 17,0

* vit Jahresbericht 2020

 

Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass die Entscheidungen zur Merzung von den Landwirten bei direkter Befragung anders beantwortet werden als in den Angaben an den Milchkontrollverband. Nach Auskunft der Landwirte wird ein Drittel der Kühe aus Gründen des Managements gemerzt und nicht aufgrund einer Erkrankung. Ein weiteres Drittel wird zur Zucht verkauft. Nur ein Drittel der Kühe verlässt den Betrieb aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung.

Auffällig ist insbesondere der hohe Anteil von 11,3 % der Kühe, die gemerzt werden, weil eine vielversprechende Färse aufgestallt wurde. Dieser Färsendruck ist sogar noch ausgeprägter, wenn man die Nebengründe mit einbezieht. Bei 20,2 % der Abgänge spielte dies ein Rolle bei Entscheidung zur Merzung. Diese betriebswirtschaftliche Entscheidung spiegelt sich in der Erhebung des vit wahrscheinlich in „sonstiges“ wieder.

Festzuhalten bleibt, dass nur ein sehr begrenzter Anteil der Kühe aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung gemerzt werden. Zweidrittel der Kühe verlassen den Betrieb aufgrund einer betriebswirtschaftlichen Entscheidung, wobei die Aufzucht von mehr Färsen, als unbedingt erforderlich, eine deutliche Rolle spielt.

Ohne den entsprechenden Färsendruck wäre die Nutzungsdauer von Milchkühen wahrscheinlich deutlich erhöht.

Die routinemäßige Erhebung der Milchkontrollverbände sollte angepasst werden, um die tatsächlichen Gründe für Merzungen besser zu erfassen. In der bestehenden Form ist er nicht geeignet, Aussagen zum Gesundheitszustand einer Herde zu treffen.

Bearbeitungszeitraum

Januar 2020 bis Juni 2021

Forschungsnetzwerk NRW-Agrar